Autor: R (Seite 11 von 15)

94. Großes Orgelkonzert; 24.11.2013

Der Domorganist von Warschau, Przemyslaw Kapitula, spielt auf der Bürgy-Orgel von 1807 im Orgelraum der Familie Walz.

Wieder einmal war die Vorabendfeier zu Ehren des Gastes eine einstimmende Veranstaltung zum Konzert am Sonntag.

Auch dem Schirmherr, der Honorarkonsul der Republik Polen, Klaus Sturmfels und Gattin, bereitete der Abend bei gutem Essen und Trinken viel Freude.

Presseschau 2012

Eine runde Sache

90. Großes Orgelkonzert in der St. Nikolaus-Kirche mit Prof. Günther Kaunzinger
Seit 1984 gibt es die weit über die Grenzen Frankfurts hinaus bekannte Konzertreihe mit der klangschönen Förster & Nicolaus-Orgel und international renommierten Künstlern in der St. Nikolaus-Kirche in Bergen. Zum 90. Großen Orgelkonzert war am vergangenen Sonntag, den 25. November 2012, der Titularorganist an St. Nikolaus, Prof. em. Günther Kaunzinger, zu Gast. Er ist beim Bergen-Enkheimer Publikum gut bekannt und als virtuoser Künstler geachtet und geschätzt. Schon vor mehr als 28 Jahren war sein Rat bei Planung und Bau des großen, 52 Register umfassenden Instruments, gerne gesehen. Er hatte im Mai 1984 das Einweihungskonzert gespielt und saß von da an bei jedem zehnten Konzert als Solist an der Orgel.
Diesmal hatte Prof. Kaunzinger seine für das 90. Konzert ausgewählten Stücke unter das Thema Die Variationsform in der Orgelmusik gestellt. Drei berühmte Beispiele für das gewählte Thema wurden gespielt: Die Passacaglia c-moll von J.S. Bach, die Variations sur un Noël, op.20 von M. Dupré und von M. Reger Variationen und Fuge über ein Originalthema, op.73. Der Vortrag dieser drei Werke erfordert nicht nur ein ausgesprochen virtuoses Können, sondern auch die hohe Kunst der Registrierung, also der Klangfarbenmischung. Gerade davon lebt die Orgel und vermittelt dem Hörer immer wieder neue Eindrücke.
Bei Bachs Passacaglia entfaltete Kaunzinger eine barocke Fülle von Klängen. Über dem immer wiederkehrenden, deutlich hörbaren Bassfundament gewannen die darüber gelegten Oberstimmen ein faszinierendes Eigenleben, das sich im Zwischenspiel mit zarten Flötenstimmen meldete und sich zum Schluss hin klanggewaltig steigerte. Mag bei Bach das gewählte Spieltempo noch als etwas überzogen schnell erschienen sein, so faszinierte der Solist mit raffinierten, besonders auf die Zungenstimmen der Orgel setzenden Klangfarben in M. Duprés Variations. Der Komponist hat für die kurzen Variationen einer altfranzösischen Weihnachtsmelodie die Registrierungen angegeben. Es war erstaunlich zu hören, wie es Kaunzinger gelang, einerseits die unterschiedlichen Formen der zehn kurzen Variationen herauszuarbeiten, andererseits jeder eine für französische Orgelmusik typische Klangfarbe zu verleihen – eine auf die St. Nikolaus-Orgel adäquat übertragene Musik.
Bei Regers Variationen und Fuge, wo das Originalthema spät erscheint und dann bis fast zum Nicht-Mehr-Erkennen nach allen Regeln kompositorischer Kunst zerlegt wird, schien der Künstler an der Orgel ganz besonders in seinem Element zu sein. Das ca. 30 Minuten lange Stück mit höchsten spieltechnischen Schwierigkeiten reicht im Klang von kaum noch hörbaren, meditativ einladenden Flötentönen bis zum gewaltig explodierenden Klangereignis und wurde von Kaunzinger höchst überzeugend dargeboten. War schon hier der Beifall in der gut besuchten St. Nikolaus-Kirche groß, so steigerte er sich noch einmal nach der als letzten Programmpunkt vorgesehenen, souverän gespielten Improvisation. Von den eingereichten Vorschlägen hatte Kaunzinger das schwedische Volkslied Ack Värmeland, du sköna (die Melodie ist auch in Smetanas Moldau zu finden) und den Choral Nun danket alle Gott gewählt und sowohl einzeln, als auch kunstvoll ineinander verschränkt, vorgetragen. Als mit viel Beifall aufgenommene Zugabe war ein Stück von dem belgischen Organisten und Komponisten Guy Weitz, einem Zeitgenossen von M. Dupré, zu hören.

Beim Empfang nach dem Konzert in der stilvollen Nicolauskapelle mit vielen Gästen und Vertretern der Veranstalter (Förderkreis Orgel und Orgelmusik an St. Nikolaus und Kulturgesellschaft Bergen-Enkheim), hielt der Schirmherr der Veranstaltung, Herr Marc Leister, Regionalmarktleiter der Frankfurter Volksbank, eine kurze Rede. Die Frankfurter Volksbank ist der Hauptsponsor der Konzertreihe in der St. Nikolaus -Kirche und hatte an diesem Abend dankenswerterweise zusätzlich die Bezahlung der ausgeschenkten Weine übernommen. Eine kleine Festrede gehörte ebenfalls zum „Empfangsprogramm“ dieses in jeder Beziehung runden 90. Orgelkonzerts.

Heinrich Jaskola

v.l.n.r.
Schirmherr Marc Leister, Regionalmarktleiter der Frankfurter Volksbank
Prof. Günther Kaunzinger
Winfried Bender, stellvertr. Vorsitzende des Ortsbeirates 16
Joachim Netz, Geschäftsführer der Kulturgesellschaft Bergen-Enkheim

Schwere Stücke, aber keine Note zuviel

Günther Kaunzinger konzertiert am 25.November in St. Nikolaus

Bei den Musikfreunden in Bergen-Enkheim ist er ein gern gesehener Gast. Sie wissen ihn als virtuosen Künstler zu schätzen, der nicht nur die gesamte Breite der Orgelliteratur beherrscht, sondern auch als begnadeter Improvisator überzeugt: Günther Kaunzinger, Orgelprofessor aus Würzburg.
Nach seinem Musikstudium in Nürnberg und Frankfurt hielt er sich jahrelang zu weiteren Studien in Paris auf, wo er sich bei den bekanntesten Orgellehrern seiner Zeit (Marie-Claire Alain, Maurice Duruflé, Jean Guillou) weiterbildete. Im Alter von 36 Jahren bekam er einen Ruf auf den Lehrstuhl Orgel der Hochschule für Musik Würzburg. Weltweit hat er konzertiert, ist Träger zahlreicher Auszeichnungen und hat insgesamt mehr als 50 Aufnahmen auf Tonträger eingespielt. Dank seiner profunden Kenntnisse hat er sich auch bei einer Reihe von Orgelprojekten engagiert und wegen seiner großen Verdienste um das schöne Instrument in der St. Nikolaus-Kirche in Bergen-Enkheim die ehrenvolle Bezeichnung „Titularorganist an St. Nikolaus“ erhalten. Seit 1984 konzertiert er hier regelmäßig neben den bedeutendsten Interpreten aus aller Welt.

Auch beim 90. Großen Orgelkonzert bringt Professor Kaunzinger etwas Besonderes mit. Drei herausragende Komponisten aus drei Jahrhunderten werden unter der Überschrift „Die Variationsform in der Orgelmusik“ miteinander in Beziehung gesetzt. Das klingt auf den ersten Blick trocken-akademisch. Tatsächlich aber werden die Zuhörer mit einem spannenden Gang durch die Musikgeschichte konfrontiert. Den Ausgangspunkt bildet J.S. Bach mit seiner Passacaglia c-Moll (BWV582), den Endpunkt Max Reger mit Variationen und Fuge über ein Originalthema, op.73. Zwischen beiden stehen Marcel Duprés weihnachtlich gefärbten Variations sur un Noël, op.20. Alle drei Werke sind höchst anspruchsvoll und in ihrer Art charakteristisch für das Thema „Variationsformen“.

J.S. Bach hat die berühmt gewordene Passacaglia vermutlich zwischen 1706 und 1713 nach seiner Rückkehr aus Lübeck geschrieben, wo er bei D.Buxtehude ausgiebige Studien betrieben und die Passacaglia-Form, ein ursprünglich aus Spanien stammender Tanz im ¾-Takt, kennengelernt hatte. Typisch dafür ist, dass über einer gleichmäßig in der Bassstimme wiederkehrenden Melodie, die bei Bach acht Takte umfasst und sich zwanzigmal wiederholt, immer wieder neue musikalische Ereignisse variiert werden. Der Zuhörer erlebt bei Bach mit der zwölften Variation den musikalischen Höhepunkt. Es folgt ein sich über drei Variationen erstreckendes Zwischenspiel, bevor der grandiose Schluss in eine unmittelbar anschließende, themabezogene Fuge hineinführt. Mit diesem viel bewunderten Bach.schen Orgelwerk, der einzigen Passacaglia des noch jungen Meisters, wurde ein Muster geschaffen, an dem sich Komponisten bis in die Moderne hinein orientieren konnten.

Während Bach in der Form der Passacaglia über einer wiederkehrenden Bassmelodie (die wahrscheinlich aus Frankreich stammt) eindrucksvoll das musikalische Material entfaltet, geht Dupré von einem alten französischen Weihnachtslied aus, das er in zehn kurzen Variationen vorstellt. Die Variations sur un Noël hat der geniale Komponist und Orgelvirtuose während einer Zugfahrt auf einer Konzertreise in den USA (1922 / 23) geschrieben, um sich – wie gesagt wird – die Zeit zu vertreiben. Entstanden ist ein farbenreiches und klangprächtiges Werk mit hohen spieltechnischen Anforderungen. Es orientiert sich nach Duprés eigener Aussage an den orchestral klingenden riesigen Orgeln der amerikanischen Konzertsäle. Wie dieses Werk unter den Händen (und Füßen) von Professor Kaunzinger an der St. Nikolaus-Orgel klingt, darauf darf man gespannt sein.

Einen Interpreten von höchster Musikalität und Virtuosität verlangen auch Regers Variationen und Fuge über ein Originalthema. „Meine Orgelsachen sind schwer“ meinte Reger in einem Brief aus dem Jahr 1900 an einen befreundeten Organisten. Den Vorwurf, er schreibe absichtlich so schwer, wies er mit der Bemerkung zurück, in seinen Stücken gebe es keine Note zuviel. Tatsache jedenfalls ist, dass Regers Variationen zu seinen besten Orgelwerken zählen und im Rang mit Variationswerken von Bach, Beethoven oder Brahms vergleichbar sind. Gewidmet sind Regers monumentale Variationen dem befreundeten Organisten der Leipziger Thomaskirche (seit 1903) und späteren Thomaskantor (seit 1918) Karl Straube, dessen Bedeutung als Orgellehrer und Bach-Kenner in Leipzig gern mit der von Marcel Dupré in Paris verglichen wird.

An das Ende seines äußerst anspruchsvollen Programms hat Kaunzinger eine Improvisation über ein gegebenes Thema gesetzt. Wir werden hören, wie variantenreich er diese Aufgabe löst.

Karten für das Konzert in der St. Nikolaus-Kirche in Bergen, am Sonntag, den 26.August 2012, um 18,00 Uhr, sind erhältlich bei

Pfarrbüro Barbarossastraße 59
Geschäftsstelle Förderkreis,Nordring 71-73
Filialen Bergen und Enkheim der Frankfurter Volksbank

Die Abendkasse ist ab 16.15 Uhr geöffnet. Telefonische Vorbestellung unter 0 61 09 / 2 36 40 ;
Auch über e-mail: walzorg@t-online.de oder www.orgelkonzerte-st-nikolaus.de
Heinrich Jaskola


„Neue Musik“ in Sankt Nikolaus

Auch mit seinem 89. Großen Konzert konnte der Förderkreis Orgel und Orgelmusik an St. Nikolaus in der Kirche am Nordring seinen Mitgliedern und Gästen etwas Besonderes bieten. Die sehr seltene Kombination Orgel und Violoncello stand auf dem Programm. Präsentiert wurde sie von zwei noch jungen Künstlern, der gebürtigen Berlinerin Adele Bitter am Violoncello und Matthias Maierhofer, aus Graz stammend und heute in Leipzig lehrend, an der Orgel. Freunden zeitgenössischer Musik dürfte Adele Bitter bereits als Mitglied des Ensemble Modern ein Begriff sein.

Die Musikliteratur kennt nur etwa ein Dutzend Kompositionen für das Zusammenspiel von Orgel und Violoncello, das ganz eigene Anforderungen an die Interpreten stellt. Seit dem vergangenen Sonntag ist die Liste dieser Werke um eine eindrucksvolle Komposition erweitert. „Lukas 22, 62“ nannte der österreichische Komponist Richard Dünser das Musikstück, das er im vergangenen Jahr geschrieben und Adele Bitter und Matthias Maierhofer gewidmet hat. In Bergen erfuhr es seine Uraufführung.

„Und ging hinaus und weinete bitterlich“ heißt die Textstelle aus Kapitel 22, Vers 62 des Lukas-Evangeliums im Neuen Testament, das dem Stück seinen Namen gab. Sie bezieht sich auf den Apostel Petrus, auf dessen Verleugnung Jesu und auf das Gewahrwerden seines Verrats, nachdem der Hahn drei Mal gekräht hat. Ausschnitte aus der Eingangsmusik zur Johannes-Passion von Johann Sebastian Bach bilden das „Leidmotiv“, wie es der Komponist bezeichnet, das in der teils aufwühlenden, teils auch sehr lyrischen Komposition immer wieder aufscheint. „Es ist, als ginge man um eine Kirche herum und hörte Fetzen aus einer Aufführung der Passion“, so Matthias Maierhofer. „Lukas 22,62“ haben Maierhofer und Bitter auf der großen Orgel und auf dem Violoncello von der Empore aus intoniert. „Die Schwierigkeit liegt darin, dass es für Cello und Orgel sehr schwer ist, sich dort zu verständigen“, so Maierhofer. Die Entstehung des Stücks verdankt sich übrigens einem Zufall. Der Organist und der Komponist lernten sich auf einer Hochzeit kennen und offenbar auf Anhieb schätzen.

Die Welturaufführung der Dünser-Komposition war nicht der einzige Höhepunkt des Konzerts, des ersten nach der Generalstimmung der großen Orgel, die in den Sommermonaten stattgefunden hat. Nicht nur das Ergebnis dieser Aktion sorge für „gute Stimmung“, wie Bernd Walz vom Vorstand des Förderkreises und langjähriger spiritus rector des Konzertgeschehens in St. Nikolaus erklärte. Erfreulich sei auch die Tatsache, dass die Mitglieder des Förderkreises mit ihren Zuwendungen das Vorhaben komplett finanziert haben.

Von der wiedergewonnen Qualität der Orgel konnten sich fachkundige Zuhörer schon bei der Toccata in d-Molll von Dietrich Buxtehude überzeugen, die das Konzert eröffnete, ebenso bei der mächtigen Fantasie und Fuge in g-Moll von Johann Sebastian Bach. Adele Bitter hatte Gelegenheit, ihr Violoncello in all seinen Klangfarben und ihren virtuosen Umgang mit dem Instrument mit Max Regers Sonate 131 C zu präsentieren.

Speziell für das Konzert hatte die Firma Förster & Nicolaus aus Lich ein Orgelpositiv – ein kleines Instrument – im Altarraum bereitgestellt. Maierhofer begleitete darauf Adele Bitter auf dem Violoncello piccolo bei der Sonate D-Dur von Johann Sebastian Bach und einer Sonate D-Dur von Carl Philipp Emanuel Bach, das nach dem fordernden Dünser-Stück den Abend abschließen sollte. Nach dem begeisterten Applaus der Zuhörer kehrten Bitter und Maierhofer jedoch noch einmal auf die Empore zurück. Mit dem anrührenden „Abendgebet“ von Camille Saint-Saëns entließen sie die zahlreichen Konzertbesucher in den anschließenden Empfang hinter der St. Nikolaus-Kirche. Dort konnte Bernd Walz den Sponsoren und allen Helferinnen und Helfern der Veranstaltung – unter ihnen die Frankfurter Volksbank – seinen Dank aussprechen. Das Grußwort der Schirmherrin des Abends, Ortsvorsteherin Renate Müller-Friese, ließ erkennen, dass sie diese Funktion mit großem Vergnügen wahrgenommen hatte.


Violoncello, Orgel und eine Welturaufführung

Adele Bitter und Matthias Maierhofer konzertieren am 26.August in der St. Nikolaus-Kirche

von Heinrich Jaskola
Vor fünf Jahren war in der St. Nikolaus-Kirche in Bergen-Enkheim ein Cellist aus Frankreich, Philippe Cauchefer, zu Gast. Mit ihm musizierte an der Orgel seine Schwester, Sophie-Véronique Choplin, Organistin von Saint-Sulpice, Paris. Nun werden am 26. August 2012 wieder Cello und Orgel aufeinandertreffen, und wieder sind es zwei in der Musikwelt sehr bekannte Namen: Adele Bitter (Berlin) und Matthias Maierhofer (Leipzig).

Die Cellistin hat nicht nur ausgezeichnete Examina vorzuweisen, sie hat auch als Mitglied im berühmten „Ensemble Modern“ und im Deutschen Symphonie-Orchester Berlin eine Menge internationaler Erfahrungen gesammelt und erst vor kurzem noch ein Zusatzstudium im Fach „Historische Aufführungspraxis“ (Barockvioloncello) in Basel erfolgreich abgeschlossen. Auch Matthias Maierhofer teilt solche Interessen. Der seit 2009 als Dozent für Orgel an der Musikhochschule in Leipzig wirkende Maierhofer ist Preisträger mehrerer Wettbewerbe (z.B. Pachelbel-Wettbewerb, Nürnberg 2007), ist häufig auf Konzertreisen unterwegs und wirkt regelmäßig bei verschiedenen CD-Produktionen und Publikationen mit. Im Konzertprogramm dieser beiden hochrangigen Künstler spiegeln sich folglich einerseits die Liebe zur alten Musik, andererseits aber auch, mit der Welturaufführung eines Stückes von Richard Dünser (geb. 1959), ihr Eintreten für die zeitgenössische Musik Das wird spannend!

Reizvoll ist bereits die Gegenüberstellung der beiden Sonaten D-Dur für Viola da gamba und Cembalo bzw. Basso continuo von Johann Sebastian Bach und seinem berühmtesten Sohn Carl Philipp Emanuel, auch „Berliner Bach“ genannt. Er hat während seiner Tätigkeit am Hofe Friedrichs des Großen mehrere Gambensonaten geschrieben, die im Vergleich zu seinem Vater einen neuen Stil repräsentieren. Während bei Vater Bach Tasteninstrument (Cembalo) und Streichinstrument (Gambe, auch „Kniegeige“ genannt) gleichberechtigt miteinender musizieren, ist dies bei der Sonate des Sohnes so nicht mehr der Fall. Die Bezeichnung „Basso continuo“ (auch „Generalbass“) zeigt bereits, dass es um die Begleitung der melodieführenden Stimme durch die Bass-Stimme mit passenden Akkorden geht. Dem hervorragenden Gambisten der Hofkapelle Friedrichs des Großen konnte damit die Gelegenheit gegeben werden, sein virtuoses Können zu zeigen.
Diese Gelegenheit wird auch Adele Bitter nutzen. Beide Sonaten sind in einer Fassung für Orgel und Violoncello piccolo zu hören, ein eher seltenes Erlebnis. Denn beim „kleinen“ Violoncello handelt es sich um ein Instrument, das erstmals 1724 als Soloinstrument in Kantaten von J.S. Bach genannt und, obwohl größer als die Gambe, ebenfalls in „Kniehaltung“ gespielt wird. Wie mag Adele Bitter dieses heute meist fünfsaitige Violoncello handhaben?

Das uns vertraute Violoncello rückt dagegen, zusammen mit der Orgel, bei einem weiteren Glanzlicht des Abends in den Mittelpunkt: Richard Dünsers Komposition „Lukas 22,62“, die zwischen 2007 und 2011 entstanden ist: Eine Welturaufführung in St. Nikolaus! Es geht hier um ein Thema aus der Bibel, die Verleugnung Jesu durch Petrus. Nach seinem Verrat wird berichtet, dass er hinaus gegangen sei und bitterlich geweint habe. Um diese Stelle aus der Johannes- und Matthäus-Passion von Bach, so der Komponist, kreise sein Werk. Sie bilde den „ideellen Hintergrund und einen Rahmen, in den meine Musik eingespannt ist“. Wir dürfen auf eine besonders authentische Wiedergabe von Dünsers Werk hoffen, denn es ist Adele Bitter und Matthias Maierhofer gewidmet.

Historische Aufführungspraxis und zeitgenössische Komposition – zwischen diesen beiden Polen muss sich der Konzertbesucher orientieren. Dass sich daneben noch eine Reihe weiterer interessanter Verbindungen im Konzertprogramm auftun, wird jeder Musikfreund schnell bemerken. So stehen z.B. Buxtehudes Toccata d-moll (BuxWv 155) und J.S. Bachs Phantasie und Fuge g-moll (BWV 542) in einer engen Beziehung, hat doch der mehr als eine Generation jüngere Bach von dem norddeutschen Meister, zu dem er einst als junger Mann gepilgert war, entscheidende Anregungen übernommen. Und ist es nicht auch reizvoll, Max Reger, häufig nur durch klanggewaltige Orgelkompositionen bekannt, mit einer Sonate für Violoncello allein (op. 131 C No.2) kammermusikalisch zu erleben? Heinrich Jaskola

Karten für das Konzert in der St. Nikolaus-Kirche in Bergen, am Sonntag, den 26.August 2012, um 18,00 Uhr, sind erhältlich bei

Pfarrbüro Barbarossastraße 59
Geschäftsstelle Förderkreis,Nordring 71-73
Filialen Bergen und Enkheim der Frankfurter Volksbank

Die Abendkasse ist ab 17.15 Uhr geöffnet. Telefonische Vorbestellung unter 0 61 09 / 2 36 40 ;
Auch über e-mail: walzorg@t-online.de oder www.orgelkonzerte-st-nikolaus.de


Eine Visitenkarte aus dem Norden Europas

Hans Fagius aus Schweden an der Orgel der St. Nikolaus-Kirche

Anfang März gastierte mit Klaus Sonnleitner vom Stift St. Florian ein Österreicher, jetzt kommt zum 88.Großen Orgelkonzert der bekannte schwedische Organist und Professor Hans Fagius nach Bergen-Enkheim. Am Sonntag, den 29.April um 18.00 Uhr, konzertiert er in der St. Nikolaus-Kirche.

Bis zum letzten Jahr unterrichtete er am Königlich Dänischen Musikkonservatorium in Kopenhagen; nun verstärkt er seine Konzertaktivitäten, die ihn quer durch Europa, nach Australien, Nordamerika, Japan und Südkorea geführt haben. Bemerkenswert ist seine Diskografie. Hier steht an oberster Stelle eine 17 CDs umfassende Gesamtaufnahme der Orgelwerke von J. S. Bach. Neueste Aufnahmen von Orgelwerken Mendelssohns, von Reubke, Liszt, Hesse und Schumann, zeigen ein breit gefächertes Interesse und die umfassende musikalische Bildung des Künstlers, der im Dezember 2010 u.a. ein umfangreiches Handbuch über die Orgelwerke Bachs herausgegeben hat.

Mit einer Visitenkarte aus dem Norden Europas eröffnet Hans Fagius den Konzertabend: Zwei bei uns wenig bekannte schwedische Komponisten des 20.Jahrhunderts, Ake Malmfors und Otto Olsson, umrahmen Andreas Düben, einen deutschen Organisten und Komponisten des 17. Jahrhunderts. Von Malmfors, Komponist, Chor- und Orchesterdirigent, werden im gesangsfreudigen Schweden auch heute noch viele Lieder gesungen. Die im Konzert zu hörende Passacaglia, gefolgt von einer Fuge, geht in ihrer Form ursprünglich auf einen spanischen Volkstanz des 16.Jahrhunderts zurück, bevor sie über Frankreich und Italien das übrige Europa eroberte. Typisch ist eine sich gleichmäßig wiederholende Bassfigur, über der sich abwechslungsreiche Variationen entfalten. Der Komponist Otto Olsson, Professor an der Königlich Schwedischen Akademie für Musik und einer der seinerzeit bekanntesten Orgelvirtuosen, ist mit Präludium und Fuge fis-Moll vertreten. Als Kenner und Liebhaber französischer Orgelmusik schuf er einen eigenen spätromantischen Stil, den er mit profunden kontrapunktischen Kenntnissen zu verbinden wusste. Aber auch der deutsche Kapellmeister Andreas Düben, dessen Vater Organist an der Thomaskirche in Leipzig war, hatte enge Beziehungen zum Norden Europas. Seit 1624 wirkte er als Hoforganist in Stockholm, später als Hofkapellmeister der Königlich Schwedischen Hofkapelle und Organist der deutschen Kirche St. Gertrud. Die dort stehende berühmte Barockorgel („Düben-Orgel“) von 1609 wurde über mehrere Generationen von Mitgliedern der Familie Düben gespielt. Andreas Düben war Schüler des als „Orpheus von Amsterdam“ bezeichneten Niederländers Jan Pieterszoon Sweelinck (1562 bis 1621), der die norddeutsche Orgelschule des 17. Jahrhunderts entscheidend beeinflusste. Wenn Hans Fagius also Dübens Choralfantasie „Wo Gott der Herr nicht bei uns hält“ (nach Psalm 124) spielt, verweist er auf einflussreiche Grundlagen schwedischer Musik, die bis heute gültig sind.

Spannend dürfte aber auch die Gegenüberstellung von Johann Sebastian Bach und Charles Marie Widor werden, mit denen das Konzertprogramm schließt. Bach hat seine beiden vierstimmigen Fugen in g-Moll (BWV 578) und G-Dur (BWV 577) perfekt gebaut. Trotzdem unterscheiden sie sich stark in ihrem Charakter. Die erste, vor 1713 entstanden, wirkt anmutig-ernst und wird gern als Vorübung zu den großen Orgelwerken Bachs angesehen. Die zweite macht ihren leicht-tänzerischen Charakter schon mit der Zusatzbezeichnung „a la Gigue“ deutlich. Denn als Gigue bezeichnete man im 17. und 18.Jahrhundert einen lebhaften Tanz, der von England aus in vielfältiger Weise das europäische Festland eroberte. Mehr als vierzigmal hat J.S.Bach eine Gigue geschrieben, wobei italienische Vorbilder gegenüber den französischen überwiegen. Hans Fagius lässt hier den deutschen Barockmeister als souveränen Beherrscher einer komplizierten kontrapunktischen Form erscheinen.

Mit einer ganz anderen Musik überzeugte der 150 Jahre jüngere Ch. M. Widor. Der französische Organist, Komponist und Musikpädagoge, der 64 Jahre lang an der berühmten Cavaillé-Coll-Orgel von St. Sulpice in Paris gewirkt hat, gilt als Schöpfer der Orgelsinfonie. Inspiriert von seinem Instrument, hat er in zehn Orgelsinfonien die Form und den Klang der Orchestersinfonie auf die Orgel übertragen. Sie sollte zu einem Klangkörper werden, der dem Orchester ebenbürtig ist. In der Orgelsinfonie Nr.5 f-Moll können wir das im Konzert gut hören. Von den fünf Sätzen ist vor allem der letzte bekannt, eine mitreißende Toccata, die jeden Konzertbesucher faszinieren muss. Damit setzt der schwedische Orgelkünstler Hans Fagius einen virtuos-glanzvollen Schlusspunkt.

Karten für das Konzert in der St. Nikolaus-Kirche in Bergen, am Sonntag, den 29.April 2012, um 18,00 Uhr, sind erhältlich bei

Pfarrbüro Barbarossastraße 59
Geschäftsstelle Nordring 71-73
Filialen Bergen und Enkheim der Frankfurter Volksbank
Die Abendkasse ist ab 17.15 Uhr geöffnet. Telefonische Vorbestellung unter 0 61 09 / 2 36 40
Auch über e-mail: walzorg@t-online.de oder www.orgelkonzerte-st-nikolaus.de

Heinrich Jaskola

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